„Feministisch-psychologische Stimmen in Wien“ hat das Ziel, das Wirken von in Wiener Frauen- und Mädchenberatungsstellen tätigen feministischen Psycholog*innen und psychosozialen Praktiker*innen international sichtbar zu machen. Dafür erstellt das Wiener Projektteam Ass.-Prof.in Dr.in Nora Ruck, Emelie Rack, BSc. (Sigmund Freud PrivatUniversität Wien), Mag.a Ing.a Susanne Hahnl (Independent Researcher) und Dr.in Barbara Rothmüller (Sigmund Freud PrivatUniversität Wien) mindestens 20 biographische Profile dieser Akteur*innen sowie eine digitale Ausstellung über Frauen- und Mädchenberatung in Wien, die auf der internationalen multimedialen Website „Psychology’s Feminist Voices“ von Kooperationspartnerin Prof.in Dr.in Alexandra Rutherford (York University Toronto) veröffentlicht werden.

Die biographischen Profile werden anhand von Oral History Interviews mit Wiener feministischen Psycholog*innen und psychosozialen Praktiker*innen und mithilfe von Archivmaterialien über deren Organisationen und die Geschichte der Frauenbewegung in Wien erstellt, während die digitale Ausstellung ihren Fokus auf die Rahmenbedingungen für Frauen- und Mädchenberatungsstellen in Wien legt. Dass sich feministisch-psychologisches Wissen in Wien so stark im Beratungskontext entwickeln konnte, deutet darauf hin, dass es in Wien förderliche Bedingungen für die Gründung und Institutionalisierung von Frauen- und Mädchenberatungsstellen gab und gibt. Diesen Beitrag der Stadt Wien zur Produktion feministisch-psychologischen Wissens werden wir in unserem digitalen exhibit herausarbeiten und international sichtbar machen.

Projektteam

Projektleitung: 
Ass.Prof.in Dr.in Nora Ruck

Projektmitarbeiter:innen:
Emelie Rack, BSc.; Mag.a Ing.in Susanne Hahnl; Dr.in Barbara Rothmüller

Methode

Das Forschungsprojekt stützt sich vor allem auf Oral History Interviews mit feministischen Psycholog*innen und psychosozialen Praktiker*innen, die Einblicke in die subjektive Dimension historischer Entwicklungen ermöglichen (vgl. z.B. Ritchie, 2014; und zur Komplexität von „recent history“ vgl. Potter & Romano, 2012). Da in unserem Projekt die Sichtbarmachung feministischer Psycholog*innen und psychosozialer Praktiker*innen im Vordergrund steht, werden unsere Interviewpartner*innen namentlich in ihren biographischen Profilen erwähnt. Während Oral History Interviews oftmals offengehalten werden, um die Erfahrungen der Interviewpartner*innen sich in ihrer je eigenen Relevanzsetzung entfalten zu lassen, arbeiten wir mit dem Interviewleitfaden, den auch das Projektteam unserer Kooperationspartner*in Alexandra Rutherford für Interviews im Rahmen von Psychology’s Feminist Voices verwendet. Dieser Leitfaden wird für jede*r Interviewpartner*in auf Basis von Archivrecherchen über die interviewte Person und deren Arbeitskontext leicht verändert. Dabei dienen Archivrecherchen sowie Sichtungen von Primär- und Sekundärliteratur über die interviewten Personen und deren Arbeits- und Bewegungskontexte im Projekt Feministisch-psychologische Stimmen in Wien der Kontextualisierung und Triangulierung der Erzählungen der Interviewten, der Vorbereitung auf die Interviews sowie der Adjustierung des Interviewleitfadens. Die Interviews werden nach Möglichkeit auf Video aufgenommen. Wir planen, diese Videoaufnahmen zu einem späteren Zeitpunkt für eine Dokumentation über die Geschichte und Gegenwart feministischer Psychologien in Wien zu verwenden. Zudem werden alle Transkripte im Stichwort-Archiv archiviert und somit einer (eingeschränkten) Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Darüber hinaus sind Archiv-, Primärliteratur- und Sekundärliteraturrecherchen unabdinglich für ein digitales „exhibit“ (digitale Ausstelung) auf Psychology’s Feminist Voices, das der Geschichte und den sozialen Kontexten von Frauenprojekten in Wien gewidmet sein wird.

Fragestellung(en) und Hypothesen

Fragestellungen:

  • Wie hat sich feministisch-psychologische Wissen in Wien entwickelt?
  • Welche sozialen, historischen und lokalen Kontexte bedingten und bedingen die Entwicklung von feministisch-psychologischen Wissens in Wien?

Wissenschaftliche und praktische Relevanz

Psychology’s Feminist Voices (PFV) ist ein Forschungsteam und -projekt unter der Leitung von Prof. Alexandra Rutherford. Hauptsitz ist die York University in Toronto, Kanada, aber Teammitglieder und Mitarbeiter*innen sind mittlerweile auf drei Kontinenten zu finden, so gehört auch das Wiener Projektteam zu dem internationalen PFV-Team.

Neben Forschungspublikationen und Vorträgen hat das PFV-Team den Dokumentarfilm The Changing Face of Feminist Psychology, eine Reihe von kurzen Lehrvideos mit den Titeln Feminist Psychologists Talk About… und Gender Matters, eine Videoserie über die Anwendung geschlechtsspezifischer Analysen in der Psychologie, produziert. Die wichtigsten Inhalte der Website stellen biographische Profile von (1) Frauen in der Geschichte der Psychologie, die ihre höchsten universitären Abschlüsse bis spätestens 1959 erlangten, sowie von (2) feministischen Psycholog*innen, die sich ab den späten 1960er Jahren um die (Weiter)- Entwicklung feministisch-psychologischen Wissens verdient gemacht haben, dar. Für die Profile feministischer Psycholog*innen werden Oral History Interviews geführt und gemeinsam mit Archiv- und Primärmaterial zu biographischen Profilen verarbeitet, zudem sind im Sinne einer Open Science neben den Interviews oft auch ganze Interviewtranskripte und Videoausschnitte verfügbar. Der Fokus der Website liegt dabei auf den USA und Kanada – jene Länder, in denen feministische Psychologien auch am stärksten in der akademischen Psychologie verankert sind. Zudem fanden sich, da sich feministische Psychologien in Nordamerika an vielen Universitäten institutionalisiert haben, sehr lange vor allem biographische Profile feministischer Psycholog*innen aus dem akademischen Feld.

Unser Basisprojekt „The Psychological is Political“ hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die internationale Sichtbarkeit von Wiener feministischen Psycholog*innen und psychosozialen Praktiker*innen zu stärken. Psychology’s Feminist Voices bietet dafür eine Plattform mit ausgezeichneter Reichweite: 2020 verzeichnete die Website rund 94.300 Klicks und sie wurde rund 4,85 Millionen Mal in Internetsuchergebnissen angezeigt. Die Website wurde Anfang 2021 grundlegend überarbeitet, wozu auch gehörte, für das Wiener Projekt erstmals eine eigene mehrsprachige Unterseite einzurichten.

Die primäre Zielstellung des Projekts „Feministisch-psychologische Stimmen in Wien“ ist im Bereich des Wissenschaftstransfers angesiedelt und verfolgt den Anspruch die reiche Vielfalt Wiener feministisch-psychologischer Wissensproduktion auf der Website Psychology’s Feminist Voices einer breiten sowie internationalen Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Besondere Berücksichtigung sollen dabei aus intersektionaler und aus queerer Perspektive wichtige autonome Beratungsstellen, feministische psychosoziale Angebote, die an Institutionen der öffentlichen Wiener Gesundheitsversorgung angegliedert sind, sowie feministische und queere Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen, die in freier Praxis arbeiten, finden.

Biographische Profile historischer Akteur*innen rücken notwendigerweise die Lebensgeschichte und die Beiträge von Individuen in den Vordergrund, während Kontext sowie Kollektive in den Hintergrund geraten. Gerade bei der Erforschung von Frauenbewegungen sowie von Frauen- und Mädchenberatungsstellen muss jedoch der Kollektivitität und Situiertheit der Wissensproduktion Rechnung getragen werden. Neben biographischen Profilen bietet die Plattform Psychology’s Feminist Voices die Möglichkeit, digitale Ausstellungen, sogenannte „exhibits“ zu kuratieren. Durch diese werden Besucher*innen der Website in ein spezifisches Thema eingeführt und können bereits bestehende Profile miteinander in Beziehung gesetzt und in einen größeren Kontext eingebettet werden. Um die internationale Sichtbarkeit der Wiener Profile sowie des breiten feministisch-psychologischen Wirkens in Wien generell zu erhöhen, ist daher im Rahmen des Projekts „Feministisch-psychologische Stimmen in Wien“ die Konzeption, Erstellung und Veröffentlichung eines solchen digitalen „exhibit“ zum Thema „Frauenprojekte in Wien“ auf der Multimedia-Plattform geplant.      

Fördergeber

  • Stadt Wien Kultur, Wissenschafts- und Forschungsförderung
  • Fördersumme: 50.000€

Projektlaufzeit

01.04.2022 – 30.09.2023

Kooperationspartner:innen

  • Univ.Prof.in Dr.in Alexandra Rutherford, York University Toronto
  • Wissenschaftlicher Beirat: Univ.Prof. Dr. Gerhard Benetka, Sigmund Freud Universität Wien; Mag.a Ing.in Susanne Hahnl

Bei Interesse am Projekt wenden Sie sich bitte an nora.ruck@sfu.ac.at oder emelie.rack@sfu.ac.at